„Wir wollen uns von Ihnen trennen“: 5 mentale Sackgassen nach Jobverlust
... und wie Sie da wieder rauskommen.
1.„Ich bin ein Loser“:
Wieviele Freunde und Personen in Ihrem Bekanntenkreis kennen Sie, denen es gerade genauso geht oder die etwas Ähnliches schon erlebt haben? Sind das alles Pfeifen? Hierzu mal ein paar statistische Fakten: 2018 gab es deutschlandweit rund 1,1 Millionen Kündigungen durch den Arbeitgeber – so die Zahlen des Bundesarbeitsministeriums für Arbeit. Zieht man die rein personenbedingten Kündigungen durch Krankheit, entsprechenden Verhaltens oder aus sonstigen Gründen ab, so bleiben etwa zwei Drittel betriebsbedingte Kündigungen, also rund 675.000 Menschen – das sind in etwa zehn größere, vollgestopfte Fußball Arenen a la Westfalenstadion oder Allianz-Arena. Hier reden wir aber nur von den Kündigungen – was nicht in die Statistik mit einfließt sind die Fälle, in denen man sich durch Zahlung einer Abfindung im Rahmen eines Abfindungs- oder Abwicklungsvertrages von Mitarbeitern trennt. Bei vielen großen Konzernen ist dieses Handeln sogar explizite HR-Strategie: Aus Prinzip kennt man keine betriebsbedingten Kündigungen, sondern arbeitet ausschließlich mit Aufhebungs- oder Abwicklungsverträgen. Zahlen dazu gibt es keine – gehen wir also mal von einigen weiteren Hundertausenden aus und prompt sind wir bei der Größe einer Großstadt in Deutschland, also rund locker mehr als eine Million Menschen, denen es im Jahr gerade so geht wie Ihnen – können das alles „Loser“ sein? Oder gilt vielleicht eher der Spruch: „Willkommen im Club“?
2. „Was habe ich bloß falsch gemacht“.
Antwort ganz kurz und knackig und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit: Nichts! Es geht hier nicht um Sie – sondern um Ihre Stelle, auf der dummerweise Sie – als Mensch mit Gefühlen, Wünschen und Hoffnungen als full- time- employee (FTE) sitzen. Diese Stelle kostet Geld, und das will man einsparen – aus was für Gründen auch immer. Wahrscheinlich hat Sie ein Umstrukturierungs- oder Effizienzoptimierungsprogramm erwischt – an der einen oder anderen Stelle im Unternehmen hakte es und irgendjemand in Vorstand oder Geschäftsleitung kam auf die Idee, anstelle von Reisekosten und Büromaterialeinsparung mal einen ordentlichen Hebel anzusetzen und das Unternehmen kostenmäßig zurückzutrimmen und zahlen- und renditetechnisch aufzuhübschen – sei es für den Aufsichtsrat, den Mutterkonzern, die Investoren oder die Aktionäre oder wen auch immer. Und Ihre Stelle kostete halt – vielleicht verdient Ihr Kollege oder Ihre Kollegin, den oder die es nicht erwischt hat, einige zehntausend Euro weniger als Sie oder war ein paar Jahre jünger und/ oder damit eben kostengünstiger?
Vielleicht spielten auch politische Gründe eine Rolle, warum Sie auf der Streichliste gelandet sind –haben Sie sich vielleicht den Luxus einer eigenen Meinung geleistet oder sogar mal Haltung gezeigt? Vielleicht sind Sie auch im Wirbelsäulenbereich nicht ganz so flexibel wie der eine oder andere Kollege oder vielleicht sind Sie mal einem Vorstand auf den Keks gegangen oder Sie sind einfach ein Bauernopfer, weil man eben auch aus Ihrem Bereich „Blut sehen“ wollte?
Sie sehen – es gibt viele Gründe, die für die Trennung sprechen mögen – sich jetzt jedoch den Kopf darüber zu zerbrechen, was gewesen wäre, ist ziemlich sinnlos – vielleicht betrachten Sie das Ganze wie die Situation bei einem Bundesliga-Verein: Der Trainer hat Ihnen mitgeteilt, dass Sie in der kommenden Saison nicht mehr zum Kader gehören, weil es eben nicht mehr passt – Zeit daher, sich auf dem Transfermarkt umzuschauen und den Verein zu wechseln.
3. „Und dafür habe ich mich so engagiert“.
Richtig. Undank ist der Welt Lohn sagt das Sprichwort und wenn Sie Gerechtigkeit in der Beurteilung Ihrer Leistungen im freien Wirtschaftsleben erwarten, dann sind Sie jetzt ent-täuscht: Also aus dem Zustand der Täuschung befreit. Zwei Sprichworte dazu: „Die Verdienste für das Unternehmen sind mit dem letzten Gehalt abgegolten“ und „Unternehmen sind undankbar, nachtragend und vergesslich“. Undankbar gegenüber dem Engagement der Angestellten über das Geforderte hinaus, vergesslich gegenüber Erfolgen und nachtragend was Fehler anbelangt.
Vielleicht arbeiten Sie in einem Unternehmen, in dem sehr viel bezüglich „Wertschätzung“ geschwurbelt wird – auch hier geht es nur einzig und allein um Ihre Arbeitsleistung – und von der will man sich nun offenbar trennen.
Vergessen Sie in all dem Trennungs-Gefühls-Chaos aber nicht die guten Momente der letzten Jahre: Sie haben viel gelernt und viele Erfahrungen sammeln können – gute wie schlechte. Sie haben interessante Aufgaben und Projekte gehabt, an denen Sie wachsen konnten, vielleicht haben Sie den einen oder anderen fernen Ort in der Welt kennengelernt und viele Menschen und unterschiedlichste Kollegen aus allen Kulturen getroffen – vielleicht das eine oder andere Ekelpaket aber sicher auch viele, mit denen Sie sich gut verstanden haben, manche sind vielleicht sogar Freunde geworden, die auch nach dem Ausscheiden noch da sein werden?
4. „Das ist das Ende“
Diesen dunkelsten aller Gedanken hatte ich bei meiner Job-Trennung und ganz offen: Falsch gedacht! Im Nachhinein kann ich jetzt sagen, dass es für mich persönlich das Beste war, dass ich damals das angebotene Paket angenommen habe – denn diese Entscheidung führte mich auf eine spannende Reise voller neuer Entwicklungen und persönlichen Wachstums. Im aktuellen Moment nach der ausgesprochenen Trennungsabsicht war ich jedoch meilenweit davon entfernt – mir gingen eher Dinge durch den Kopf wie: Warum nicht einfach das Auto in den Gegenverkehr steuern oder heute Abend vielleicht mal einen kleinen Spaziergang im Wald machen, bewehrt mit einem stabilen Strick in der Hand? Alternativ bot sich ja auch die angrenzende Bahnlinie an?
Wenn sich sowas auch bei Ihnen meldet, dann ein kleiner Tipp: Tun Sie es nicht – der liebe Gott hat ja bekanntermaßen Humor und wollen Sie wirklich nach einem missglückten Suizidversuch durch die Stimme eines Arztes geweckt werden, der Ihnen erzählt, dass Sie leider bei dem selbstverschuldeten Autounfall das Augenlicht verloren haben oder aufgrund eines dummen Umstandes nicht tot sondern vom Hals abwärts querschnittgelähmt oder ohne Arme und Beine weiterleben werden? Ganz offen – dann haben Sie nämlich wirklich Probleme und das alles wegen einer Kündigung – nicht wirklich, oder?
Ich denke, Sie verstehen, worauf ich hinauswill: Ja, so eine Trennung im Job tut verdammt weh und zieht einem erstmal den Boden weg – aber ist das wirklich das Schlimmste, was einem passieren kann? Wo hatten Sie in Ihrem Leben schon vergleichbare Momente erleben müssen und wie sind Sie damit damals umgegangen? Wie ging es Ihnen eine Woche, einen Monat oder ein Jahr später damit?! Wie groß wirkte der Schicksalsschlag denn nach dieser Zeit? Oder gab es da sogar vielleicht schon Erlebnisse, die auf den ersten Blick schrecklich wirkten, aber im Nachhinein sich sogar als wahre Fügungen des Glücks entpuppten und es ja gar nicht hätte besser kommen können?
Was, wenn die Trennung eigentlich Ihre große Chance ist, endlich das zu tun, was sie schon immer tun wollten, aber wozu Sie aber bisher nie den Hintern hochbekamen? Was, wenn diese ach so ungerechte Kündigung bei Ihrer Rückschau auf Ihre ganze Karriere also eigentlich das Beste ist, was Ihnen damals wiederfahren konnte?
5. „Das können sie nicht mit mir machen, die mache ich fertig“
Eine kommunizierte Trennungsabsicht ist auch die Aufkündigung eines bestehenden Vertrauens-Verhältnisses – in beide Richtungen: Wie in einer gescheiterten Ehe geht es jetzt darum, sich sauber und ohne Rosenkrieg zu trennen und eine wechselseitig optimale Lösung zu finden. Selbstverständlich sind Sie gerade wütend ohne Ende – nur: Für die nächsten Schritte brauchen Sie einen klaren Kopf und keine Tobereien vor dem Chef oder der Chefin – damit tun Sie sich keinen Gefallen, Ihrem bald Ex-Arbeitgeber aber vielleicht schon, denn auf einmal kann man Sie sogar verhaltensbedingt rausschmeißen, und das ohne Abfindung – daher: Versuchen Sie cool und professionell zu bleiben. Daheim können Sie sich ausweinen und sich auch einmal abends die Birne vollhauen – das aber bitte nicht häufiger – dann ist aber auch wieder gut:
Sobald Sie ein Angebot eines Aufhebungsvertrages auf dem Tisch haben, machen Sie zwei Dinge: Erstens, Sie gehen zu einem Arbeitsanwalt – denn viele Aufhebungsverträge sind alles andere als professionell und zum Teil voller Fehler – als juristischer Laie erkennen Sie diese gar nicht. Und zweitens – falls eine Abfindung im Raum steht: Gehen Sie zum Steuerberater und lassen Sie sich durchrechnen, was Sache ist.
Dann – und erst dann – entscheiden Sie, ob Sie unterschreiben oder ob Sie NICHTS tun und die Sache aussitzen oder juristisch kämpfen wollen. Wenn Sie die Sache aussitzen wollen und aufgrund langjähriger, tadelloser Zugehörigkeit eine Kündigung durch den Arbeitgeber keine Chance auf Erfolg hat– vielleicht klappt es, und nach einer unangenehmen Zeit ist alles wieder wie gehabt – nur: Können Sie so wenig, sind Sie sich so wenig selber wert, dass Sie an diesem Unternehmen kleben bleiben wollen, dass Sie nicht mehr haben will? Wie steht es um Ihre Selbstachtung? Haben Sie es materiell so nötig weiter in einem Unternehmen zu arbeiten, dass Sie ganz offensichtlich nicht mehr möchte?
Glauben Sie mir: Sie haben mehr Erfahrungen und Fähigkeiten, als Sie es im Moment erkennen – und da draußen gibt es sehr viele richtig tolle Unternehmen mit interessanten neuen Aufgaben und Möglichkeiten, die Sie als Mensch auch entsprechend wertschätzen – durch eine interessante Tätigkeit, vielleicht ein deutlich höheres Gehalt oder durch Perspektiven, von denen Sie momentan noch gar keine Ahnung haben.
Und wenn Sie sich dann nach neuen Wegen umsehen wollen und eine professionelle Begleitung für die nächsten Schritte in Ihrer Karriere brauchen – schreiben Sie mich an: info@smoothexitconsulting.de